Freitag, 23. Oktober 2009

Alkoholfrei Feiern

Es ist erstaunlich was man alles so anstellen kann, wenn man als Fahrer - wobei ein "ich fahre" einem "ich mach hier einen Fehler" gleicht - auf einer Party involviert ist, auf der man nichts verloren hat. Ich betrete die Partylokation wie Helmut Schön seine Coaching-Zone bei einem unbestraften Foul verlassen hätte und bin froh, dass ich Menschen mitgenommen habe, die sich modisch noch weiter von der Jahrtausendwende entfernen als ich es tue. Helmut Schön musste sich auf elf Gegner einlassen. Ich habe es mit gefühlten 500 zu tun. 500 Menschen, die sich anschreien, obgleich sie nur wenige Handspannen aus einander sind, sich sozusagen auf Anspuckweite befinden. Man schreit sich unlyrisch und stilistisch mager an. Prosecco statt Prosa, so das Motto. Keinerlei Literaten hier. Und trotzdem: dichter geht’s kaum – egal ob Stube oder Student. Alle sind sie dicht. Ich bin gefangen in der die Kammer des Feierns.

Ich mag die alternative und die studentische Szene Südleipzigs sehr. Mit ihr in einer WG sein zu müssen ist aber definitiv zu viel. Es sind de facto a l l e da. Jeder konnte es einrichten hier zu sein. Und ich mittendrin. Selbst wenn ich die Beck's-Periode verpasst hätte und nur noch Bierersatz, wie Sternburg verfügbar wäre... ich hätte mich auf den Wettkampf eingelassen. Aber weil ich wieder nach hause will gibt’s kein Bier.

Die Musik ist nicht immer gut, aber immer laut. Es gibt zwei Floors die sich über einen Flur verbinden, gefüllt mit mehr als einem Schwarm Sardinen, der anscheinend sein Zehn- oder Sonstwasjähriges feiert. In meinen Kopf drängt sich der Gedanke, dass es eigentlich eine herausgestellte Situation ist, in der ich mich befinde. Ich mache mich also daran die Gunst der Stunde zu nutzen. „So! Wir spielen jetzt Theater!“ erklingt es in meinem Kopf. Mal sehen, was sich mit dem Humankapital hier so anstellen lässt.

Als erstes eröffne ich einen Bauchladen und verkaufe die Bücher des Gastgebers. Nachdem ich den Erlös im Rahmen einer Lotterie an einen der Gäste verscherbelt habe, lobe ich den Gastgeber für sein warmes Herz und seine Bereitschaft zu Geben. Um mich als Held an der Cocktailbar zu verewigen beginne ich, mit überzeugender Sicherheit irgendwelche Sachen wild zusammen zu schütten und mit gut klingenden Namen dekoriert an die verblüfft dreinschauenden Gäste zu verteilen. Dann sperre ich mich eine dreiviertel Stunde im Klo ein und lese „Physik und Bleistift“. Beim Verlassen des Fäkalverlieses erkläre ich der aufgebrachten Meute, ich hätte die Toilette reparieren müssen und … dass das Klopapier leider jetzt alle sei. Ich komme zu einem weiterem wichtigen und mir sehr am Herzen liegenden Spiel. Ich renne wie wild durch die Massen und ziehe eine Fresse, als würde jeden Moment etwas Schlimmes passieren. Ich drängle mich durch sich knutschende Pärchen „Entschuldigung! Ich muss mal ganz dringend hier …“. „Das wäre nett, wenn ich gerade mal…“ „Danke!“ Ich berühre hemmungslos und schubse gezielt, so dass ständig peinliche Situation entstehen.

So verbringe ich nun den Rest der Nacht – hin und wieder erwidere ich Fragen nach meinem Tun mit Sprüchen wie „Ich pass auf, dass was passiert.“ oder „Ich mach’s eng hier.“ Damit habe auch ich meine Freude. Zum Schluss mach ich noch eine Runde und verabschiede mich bei jedem persönlich und gerne auch mit Umarmung, egal ob man mich kennt, oder nicht.

Dummerweise habe ich niemanden, der das Ganze verfilmt. Ich könnte mir nämlich vorstellen, dass mir das morgen keiner glauben wird. Also mache ich es zu meinem Geheimnis und lasse jeden in dem Unglauben, ich hätte mir das alles nur ausgedacht.

5 Kommentare:

  1. Das nächste Mal nimmst du mich bitte mit! Das will ich live erleben...bzw. mitmachen!

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  2. ja von allen hast du dich verabschiedet außer von mir...Das nächste mal schläftst du einfach mit dort ^^

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  3. ich wollt schon immer mal nen film drehen, aber was heißt "ich"!?

    wir - das team ist durchaus vorhanden, nur fehlte uns bisher die story...

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  4. Hmm, was lässt du denn springen? Vielleicht schreib ich ja eine Fortsetzung ;)

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